Gefahr im Kornfeld

Hundeeinsatz im Getreide birgt Risiken

  • Weizenähre, die nach 9 Monaten aus der Lunge entfernt wurde

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Es begann im Juli nach einem Pirschgang und kurzem Toben im Getreidefeld – der zweijährige Große Münsterländer Artus hustet. Es hört sich an, als ob er etwas im Hals stecken hat. Der Tierarzt behandelt zunächst mit pflanzlichen Mitteln gegen Zwingerhusten. Der Hinweis der Besitzer, dass Artus durch ein Getreidefeld gerannt sei und vielleicht eine Ähre verschluckt hat, wird nicht ernst genommen. Als der Husten nach einer Woche immer noch nicht besser ist, kommen Antibiotika zum Einsatz – ebenfalls erfolglos. Nach weiteren Wochen Husten wird ein Röntgenbild gemacht: Diagnose vergrößertes Herz. Es folgt die Überweisung in eine Klinik zum Herzultraschall. Der dortige Tierarzt erklärt nach kurzer Untersuchung, der Hund habe eine Erweiterung des Herzmuskels (Dilatative Cardiomyopathie, DCM), eine Erbkrankheit. Die Frage der Besitzer, ob es nicht doch ein Fremdkörper sein könnte, wird ignoriert. Sie werden mit Herzmedikamenten und dem Hinweis, den Hund ab sofort nur noch an der Leine zu führen damit er sich nicht anstrengt, heimgeschickt. 

Inzwischen ist es Herbst und statt seinem Besitzer beim Jagen zu helfen, muss Artus daheim beim Frauchen bleiben – er hustet nämlich immer noch. Ein erneuter Besuch beim „Spezialisten“ bleibt ohne Erfolg. Als der Husten über den Winter immer schlimmer wird und sich auch noch stinkender Mundgeruch einstellt, werden die Herzmedikamente weiter erhöht. An Ostern kollabiert Artus und erstickt fast. Der Haustierarzt verschreibt hochdosierte Entwässerungstabletten und ein weiteres Herzmedikament, Artus hustet immer noch und wird von Tag zu Tag schwächer. Hund und Besitzer sind am Ende ihrer Kräfte. 

Anfang Mai nehmen sie dann auf Rat der Züchterin den zweistündigen Weg in eine andere Klink auf sich, um eine weitere Meinung einzuholen. Die dortigen Untersuchungen ergeben eine gute und eine schlechte Nachricht: Artus hat keine DCM, sein Herz ist nur minimal vergrößert. Dafür zeigen sich aber auf dem Röntgenbild starke Verschattungen des rechten Lungenlappens. 

Die anschließende Bronchoskopie in Vollnarkose bringt die schlechte Nachricht: Artus hat eine Getreideähre in der Lunge! Die hat sich in den letzten neun Monaten immer weiter nach hinten gearbeitet und eine massive Entzündung mit eitrigem Lungenabszess verursacht. Der Versuch, die Ähre mit einer Zange zu entfernen schlägt fehl, aber immerhin kann der Abszess eröffnet werden. Artus bekommt wieder Antibiotika und nachdem ein Spezialaufsatz für das Endoskop bestellt wurde, folgt nach drei Wochen erneut eine Bronchoskopie. Für die Besitzer sind es bange Stunden, denn wenn es wieder nicht gelingt, die Ähre auf diesem Weg zu entfernen, droht Artus eine Lungenoperation mit Eröffnung des Brustkorbs. Nach zwei Stunden ist es aber zum Glück geschafft – der Tierarzt kann erleichtert Artus´ Besitzern die Ähre zeigen, die er als Ganzes mit dem Endoskop durch die Luftröhre entfernen konnte! Von nun an geht es Artus täglich besser – er frisst wieder gut, sprüht vor Lebensfreude, kann seinen Besitzer beim Jagen begleiten und vor allem ER HUSTET NICHT MEHR!!! 

 

Dieser Fall soll ein Beispiel sein, welche Risiken ein Abstecher ins Getreidefeld für unsere Hunde mit sich bringen kann und ein Appell an die Hundebesitzer, ihre Hunde nicht ins Getreide zu lassen. 

Denn Ähren oder Grannen können nicht nur in der Lunge landen. Auch im Rachen, in der Nase, den Augen oder den Ohren können sie große Probleme verursachen. 

Dringen sie zwischen den Zehen ein und bleiben dort stecken, können sie zu Lahmheit und schmerzhaften Schwellungen führen. 

 

War der Hund trotzdem mal im Getreide (z. B. bei einer Nachsuche), sollte man unbedingt auf folgende Symptome achten: 

Husten oder Würgen können Anzeichen für einen Fremdkörper im Maul, Rachen oder Lunge sein. Ebenso Schwellungen am Kiefer oder Hals. 

Plötzliche Kopfschiefhaltung und ständiges Schütteln können durch eine Granne im Ohr verursacht sein. Da diese meist in der Tiefe des Ohrs kurz vor dem Trommelfell stecken, muss eine genaue Untersuchung durch den Tierarzt vorgenommen werden. Vorsicht bei der Anwendung von Ohrentropfen ohne vorherige Untersuchung – bei perforiertem Trommelfell kann das Mittelohr geschädigt werden. 

Plötzliches heftiges Niesen oder einseitiger Nasenausfluss können Symptome eines Fremdkörpers in der Nase sein. 

Gelangt eine Granne ins Auge drohen Hornhautverletzungen – zum einen durch die scharfen Widerhaken der Granne, zum anderen aber auch durch das Reiben und Kratzen des Hundes am Auge. 

Sollten derartige Probleme auftreten, informieren Sie ihren Tierarzt, dass der Hund im Getreidefeld war – er wird bei diesem Vorbericht eventuell andere bzw. weiterführende Untersuchungen vornehmen. Da pflanzliche Teile leider nicht auf dem Röntgenbild sichtbar sind, kann je nach Lokalisation des Fremdkörpers eine Endoskopie oder sogar eine Computer- bzw. Kernspintomographie nötig sein. 

Auch wenn das zum Glück nicht allzu häufig der Fall sein wird, sollte man gerade bei langwierigen, nicht auf eine „Standard-Therapie“ ansprechenden Erkrankungen an Artus´ Geschichte denken und falls nötig auch eine zweite oder dritte tierärztliche Meinung einholen.