Schnelle Hilfe – Jagdschein weg!

Vorsicht bei "Selbstverständlichkeiten" im Jägeralltag.

  • Damwild im Gehege (Bild: Armin Liese, LJV)

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Das Waffenrecht schreibt Grenzen zum Schusswaffengebrauch mit dem Jagdschein vor. Werden diese überschritten, steht die Zuverlässigkeit auf dem Spiel. Vorsicht bei "Selbstverständlichkeiten" im Jägeralltag.

 

Kennen Sie das? Zumindest vom Hörensagen: Ein Rind bricht aus der Weide aus und läuft seit Tagen im Wald herum. Der Tierhalter kommt auf Sie zu und bittet darum, das Rind zu schießen „bevor noch was passiert“.

Oder ein anderes Beispiel, was jedem im Jägeralltag widerfahren kann: Der Betreiber eines Damwild- oder Schwarzwildgeheges fragt einen befreundeten Jäger, ob er ihm nicht kurzfristig mal ein Stück rausschießen könnte. Es seien ja schließlich Wildtiere, und das Gehege wäre doch in seinem Revier. Die meisten Jäger würden dies wahrscheinlich als "Nachbarschaftshilfe" ansehen, ohne über die Rechtslage nachzudenken.

 

Manchmal wird auch der Jäger als Lösung für ein Problem ganz schnell ausfindig gemacht. Wer könnte besser ein extensiv gehaltenes und damit recht scheues Rind, Schaf oder Ziege zum Zweck der Schlachtung schießen. Wenn man nicht mit dem Bolzenschussgerät heran kommt, dann liegt doch die Jagdwaffe nahe ...

 

Oder ein letztes Beispiel, was in den besten Familien vorkommen kann: Der Nachbar oder befreundete Jäger fragt, ob Sie nicht seinen kranken und altersschwachen Hund oder Katze erlösen könnten. Allzu oft bringt es der Tierbesitzer nicht selbst übers Herz, oder ein Transport zum Tierarzt verursache zu viel unnötigen Stress und Leid. Allzu leicht können sich Jäger in eine sehr schwierige Lage manövrieren.

 

Die grundsätzliche Regelung hierzu in § 13 Abs. 6 Waffengesetz (WaffG) lautet:Ein Jäger darf Jagdwaffen zur befugten Jagdausübung einschließlich des Ein- und Anschießens im Revier, zur Ausbildung von Jagdhunden im Revier, zum Jagdschutz oder zum Forstschutz ohne Erlaubnis führen und mit ihnen schießen; er darf auch im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten die Jagdwaffen nicht schussbereit ohne Erlaubnis führen. Der befugten Jagdausübung gleichgestellt ist der Abschuss von Tieren, die dem Naturschutzrecht unterliegen, wenn die naturschutzrechtliche Ausnahme oder Befreiung die Tötung durch einen Jagdscheininhaber vorsieht. 

 

Was bedeutet das für die Praxis? Das Schießen in einem Gehege oder auf einer Weide unterliegt nicht der Jagdausübung und wird somit auch nicht durch einen gültigen Jagdschein abgedeckt. Um in einem Gehege oder auf einer Weide schießen zu dürfen, bedarf es gemäß § 10 Abs. 5 Waffengesetz einer speziellen waffenrechtlichen Erlaubnis. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für den Abschuss eines ausgebrochenen Rindes.

 

Diese Erlaubnis kann von der zuständigen Waffenbehörde erteilt werden, wenn ein ausreichender Versicherungsschutz nachgewiesen, und für das Schießen ein Bedürfnis gegeben ist. Sofern beispielsweise die beim Schlachten erforderliche Betäubung auch mittels Bolzenschuss möglich ist, fehlt das Bedürfnis mittels Kugelschuss zu töten. Auch für das Erschießen eines kranken und altersschwachen Haustiers fehlt schlichtweg ein Bedürfnis, da hier die Spritze des Tierarztes das angemessene Mittel ist.

 

Da es sich bei einer Schießerlaubnis um eine rein waffenrechtliche Erlaubnis handelt ist diese auch dann erforderlich, wenn der Erlaubnisnehmer im Bereich des Geheges jagdausübungsberechtigt ist. Die waffenrechtliche Erlaubnis zum Abschuss eines entlaufenen Rindes kann auch an eine Person erteilt werden, die auf der entsprechenden Gemarkung nicht jagdausübungsberechtigt ist. Sinnvoll ist allerdings, den örtlichen Jagdpächter über erteilte waffenrechtliche Schießerlaubnisse zu informieren.

 

Welche Folgen drohen?

 

Nach § 52 Abs. 3 Nr. 2 a WaffG ist es strafbar, ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 eine Schusswaffe zu erwerben, besitzen oder zu führen. Unter dem Führen einer Waffe versteht man im Waffengesetz das Ausüben der tatsächlichen Gewalt über Waffen außerhalb des umfriedeten Besitzes. Da es sich hier um einen möglichen Straftatbestand handelt, werden die entsprechenden Ermittlungen von der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft durchgeführt. Sofern dies letztlich zu einer Verurteilung führt, ist gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG bei einem Strafmaß von 60 Tagessätzen und mehr die sogenannte Regelunzuverlässigkeit gegeben. D.h. der Jagdschein und die Waffenbesitzkarte werden normalerweise widerrufen. Eine Ausnahme von der Regel ist bei einer Verurteilung aufgrund eines waffenrechtlichen Verstoßes nahezu ausgeschlossen.

 

Unabhängig von der Höhe des Strafmaßes kann bei einem unerlaubten Schusswaffengebrauch auch die sogenannte absolute Unzuverlässigkeit gegeben sein. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen nämlich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a Waffengesetz Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden. Das unberechtigte Schießen außerhalb der befugten Jagdausübung kann eine solche Tatsache darstellen und einen zwingenden Widerrufsgrund für Jagdschein und Waffenbesitzkarte bedeuten.

 

Resümee

 

Ein Schusswaffengebrauch außerhalb der Jagdausübung (siehe § 13 Abs. 6 WaffG) setzt eine waffenrechtlichen Erlaubnis voraus. Sofern die Waffenbehörde nicht erreichbar ist, kann auch die Polizei Jäger hinzuziehen und diesen erlauben zu schießen. Diese Erlaubnisse sind selbstverständlich vor dem Schießen einzuholen. Andernfalls droht der Widerruf von Jagdschein und Waffenbesitzkarte.

 

Die grundsätzlichen Regelungen zum Notstand bzw. zur Notwehr bleiben natürlich unberührt, sind allerdings auch nur im konkreten Einzelfall zu bewerten. Ein solcher wäre: Der ausgebrochene Bulle rennt direkt auf die vielbefahrene Autobahn zu und ein zufällig anwesender Jäger könnte schießen, um so einen schweren Verkehrsunfall zu vermeiden.