Pilotprojekt der FVA: Jagdhunde als Artenspürhunde

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg untersucht aktuell Einsatzmöglichkeiten und Rahmenbedingungen zum Einsatz von Artenspürhunden im Wildtiermonitoring.

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Von Julia Taubmann und Silja Ramlow

In Baden-Württemberg sollen durch das Wildtiermonitoring im Rahmen des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes (JWMG) Daten zukünftig systematischer aufgenommen werden. Grundsätzlich ist ein Wildtiermonitoring nur so aussagekräftig wie seine Datengrundlage, welches besonders bei seltenen, versteckt lebenden oder nicht direkt zu identifizierenden Wildtierarten eine große Herausforderung sein kann. Das Pilotprojekt „Artenspürhunde im Wildtiermonitoring“ der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) untersucht die Einsatzmöglichkeiten und notwendigen Rahmenbedingungen zur qualifizierten Anwendung der Methode. Für die Zielarten Luchs, Wolf und Auerhuhn verfügt die FVA schon über mehrjährige Erfahrung im Einsatz von Artenspürhunden.

Das Aufspüren von Wildtieren und ihrer Hinweise durch Spürhunde gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im Naturschutz kommen die Hunde beispielsweise zum Nachweis von Fledermäusen, Amphibien oder Reptilien zum Einsatz. Auch bei der Detektion von Forstschädlingen oder der Seuchenbekämpfung sind professionell trainierte Spürhunde häufig die effektivere Methode. Artenspürhunde werden darauf trainiert, die Hinterlassenschaften von Wildtieren wie z.B. Kot, Haare oder Federn als sogenannte „indirekte Nachweise“ oder auch die Tiere direkt zu suchen und anzuzeigen. Der Vorteil liegt in der zumeist nicht-invasiven Arbeitsweise und so können aus dem Probenmaterial auch genetische und physiologische Informationen gewonnen werden.

Vorstehhunde im Wildtiermonitoring

Die Gruppe der Vorstehhunde hat nicht nur in der Jagd eine lange Tradition, sondern beinhaltet auch die für die wildtierökologische Forschung und Naturschutz am längsten eingesetzten Hunderassen. Ihre Passion für Federwild und Niederwild, zusammen mit dem ausgeprägten Vorstehen, hohe Kooperationsbereitschaft und ruhigem Verhalten am Wild, prädestiniert sie für die freie Suche und dem direkten Sichtnachweis von lebenden Tieren. Die Aufgaben von Jagdhund und Artenspürhund sind hier fast deckungsgleich außer, dass bei letzterem natürlich auf Schuss und Apport verzichtet wird. Seit dem 19. Jahrhundert werden vor allem der Englische Pointer und Deutsch Kurzhaar in vielen Projekten für die Suche nach den verschiedensten Hühnervögeln, Regenpfeiferartigen, Rallen, Kiwis und Kakapos eingesetzt. In Skandinavien, Großbritannien und Italien werden jagdlich geführte Vorstehhunde seit Jahrzehnten auch zum Monitoring von Raufußhühnern im Spätsommer eingesetzt.

Die FVA setzte im Rahmen eines Forschungsprojektes ebenfalls Englische Pointer, Englische Setter und Deutsch Kurzhaar ein, um den Fortpflanzungserfolg von Auerhühnern in einem schwedischen Untersuchungsgebiet zu erfassen. Auch für weitere Tierarten sind vor allem die Vollgebrauchshunde unter den Vorstehhunden exzellent zu gebrauchen: In der Pilotprojekt „Einsatz von Artenspürhunden zur Fledermausquartiersuche“ der Universität Freiburg und der FVA wurde ein Deutsch Kurzhaar, der sonst zur Raufußhuhnsuche eingesetzt wird, erfolgreich darauf trainiert lebende Fledermäuse in Felsspalten und Gebäudenischen anzuzeigen. Auch hier bewies der Hund seinen außerordentlichen Geruchssinn und seine Vorstehmanieren am Wildtier. Das Belohnungssystem des Hundes wurde schon früh über Spiel so aufgebaut, dass dieser zusätzlich zur Arbeit am lebenden Tier auch für die Suche nach Raufußhuhn- und Fledermauskot motiviert werden konnte. Das Anzeigen der Losung mit anschließendem Vorstehen, Nachziehen und Apport an Reizangel oder Ball ähneln einer typischen Jagdsequenz des Vorstehhundes. Aktuell wird derselbe Hund für ein FVA-Projekt trainiert, um Baummarderlosung von Steinmarderlosung zu unterscheiden. Doch wie sieht es mit anderen, jagdlich geführten Hunderassen aus?

Jagdlich geführte Hunde als Artenspürhunde

Im Jagdgebrauchshundeverband sind deutschlandweit ca. 180.000 jagdhundeführende Jäger organisiert (JGHV 2019). Die Jägerschaft leistet einen besonderen Beitrag für das landesweite Wildtiermonitoring in Baden-Württemberg durch die Erfassung der unter § 7 JWMG genannten Wildtierarten innerhalb ihrer Jagdreviere. Dies wirft die Überlegung auf, inwiefern deren Hunde ein Potential an zukünftigen Artenspürhunden für die Datenerhebung darstellen könnte. Bisher gibt es, außer für Vorstehhunde, noch keine Publikationen zum expliziten Einsatz von jagdlich geführten Hunden als Artenspürhunde. Ob jagdlich geführte Hunde auch zur Artnachweissuche eingesetzt werden können, hängt sehr von der Aufgabe, der Zielart, dem Hund bzw. der Rasse und dem Hundeführenden ab. Es muss geprüft werden, ob der Hund mit anderen Mitteln als durch Wild allein zu motivieren ist, wie Spiel oder Futter, und inwiefern die Wildschärfe, der ausgeprägte Jagd- und Beutetrieb, hinderlich für die neue Aufgabe sein kann. Ebenso ist die Frage, ob die Hundeführenden zusätzlich zur jagdlichen Auslastung eine weitere zeitintensive Aufgabe übernehmen wollen und wie wissenschaftlich und praxisorientiert diese sein kann.

Ist die Arbeit als Artenspürhund zweitrangig, wird der Hund also primär jagdlich geführt, kann dies zu Zielkonflikten beim Arbeitsauftrag führen. Der geschnallte Hund im Jagdeinsatz wird beispielsweise das Stöbern nach Wild gegenüber der Aufgabe als Losungsspürhund klar priorisieren. Um diesen Konflikt zu minimieren kann dem Jagdhund durch das Training eines neuen Settings bzw. Suchrituals beigebracht werden, welche Aufgabe von ihm gerade verlangt wird. Soll der Hund beispielsweise auch Auerhuhnlosung suchen, kann dies an einem Suchgeschirr und einer Suchleine trainiert werden, so dass der Hund dieses als Signal für die Auerhuhnlosungssuche erkennt und im Fall einer Verleitfährte besser kontrollierbar ist.

Ein weiteres Beispiel veranschaulicht der Einsatz der Luchsspürhunde der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF) in RheinlandPfalz im Zuge des EU LIFE Wiederauswilderungsprojektes. Hier kann der Hund eindeutig zwischen der Schweißarbeit und dem Aufspüren von Luchsnachweisen unterscheiden. Ein anderes Beispiel ist der Einsatz von jagdlich geführten Hunden zur Fallwildsuche im ASP-Schadensfall, welcher kritisch diskutiert und zumeist davon abgesehen wird. Stattdessen werden spezielle Kadaverspürhunde favorisiert oder aus pragmatischen Gründen Jagdhunde an der Schleppleine geführt. Beides kann seine Berechtigung haben, je nachdem wie hoch der Anspruch im Sinne der Detektionsrate und der Wildbeunruhigung sein soll. Belastbare Trainings- und Einsatzdaten zur Effektivität sind hierfür bisher jedoch nicht verfügbar.

Grundsätzlich ist ein Jagdhund also dann geeignet, wenn er klar zwischen unterschiedlichen Aufgaben zu differenzieren gelernt hat und für beide Arbeitsaufträge sehr gut zu motivieren ist. Daraus wird ersichtlich, dass vorzugsweise Jagdhunde als Artenspürhunde in Erwägung gezogen werden könnten, die eine moderate bis geringe Wildschärfe vorweisen und sehr kooperativ mit ihrem Hundeführenden zusammenarbeiten. Hervorzuheben sind hier die Gruppe der Vorstehhunde, Apportierhunde und einzelne Stöberhunde.

Trotzdem ist die Kombination jagdlich geführter Hund plus Artenspürhund aufgrund der genannten Schwierigkeiten und des hohen Trainingsaufwands nicht grundsätzlich zu empfehlen. Unabhängig davon, ob Jagdhund oder nicht: Die Ausbildung eines Artenspürhundes und dessen Einsatz erfordern einen klaren öffentlichen Auftrag. Der Bedarf und das Monitoringdesign muss durch die verschiedenen ökologischen, natur- und tierschutzrechtlichen Gegebenheiten mit den zuständigen Behörden und Auftraggebern diskutiert werden. Einer der wichtigsten Aspekte ist, ob der Mehrwert der Methode die potentielle Störung durch das Artenspürhundeteam überwiegt und wie dieser gegebenenfalls minimiert werden kann.

Qualitätsstandards zur Eignung, professioneller Ausbildung und Zertifizierung von Artenspürhunden werden aktuell durch den gemeinnützigen Verein Wildlife Detection Dogs e.V. erarbeitet. Denn schlussendlich kann nur ein sicher und zuverlässig arbeitendes MenschHund-Team in der Lage sein, Daten zu erheben, die am Ende den wissenschaftlichen und gesetzlichen Ansprüchen genügen. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Frau Taubmann (julia.taubmann@forst.bwl.de).