Der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) ist immer wieder Auslöser schwerer Erkrankungen beim Menschen. Das Universitätsklinikum Ulm beschäftigt sich seit Jahren mit seiner Erforschung und führt sogar eine nationale Datenbank mit aktuell 523 in Deutschland nachgewiesenen Fällen. Doch es gibt immer noch Vieles, das sich die Forscher nicht erklären können. Deshalb hat das Uniklinikum zusammen mit der Kreisjägervereinigung Ravensburg ein groß angelegtes Forschungsprojekt gestartet.
Ziel ist es, den Zusammenhang zwischen End-, Zwischen- und Fehlwirten und verschiedenen Umweltfaktoren zu erforschen. Erkrankungen beim Menschen sind zwar relativ selten, nehmen jedoch inzwischen stark zu. Früher waren die klassischen europäischen Verbreitungsgebiete Süddeutschland, Ostfrankreich, Nordschweiz und Westösterreich. In den letzten Jahrzehnten stellen die Forscher aber eine deutliche Ausbreitung über diese Hauptgebiete hinaus fest. Die Spezialisten des Uniklinikums in Ulm, Prof. Dr. Wolfgang Kratzer und Dr. Julian Schmidberger, haben deshalb die Kreisjägervereinigung Ravensburg wegen einer umfangreichen Studie zum Thema um Hilfe gebeten. Es wurde nämlich festgestellt, dass innerhalb zweier benachbarter Kommunen (Stadt Leutkirch und Stadt Isny) große Unterschiede bei den Erkrankungszahlen beim Menschen vorliegen.
Tendenziell ist in Deutschland seit vielen Jahren der Südosten Baden-Württembergs und der Südwesten Bayerns ohnehin besonders stark betroffen. Auf der Gemeindefläche von Leutkirch wurden von 1992 bis 2016 neun Erkrankungsfälle registriert. Im südlich angrenzenden Isny wurde dagegen kein Einziger registriert. Die Zahl Neun mag zwar gering erscheinen, doch nirgendwo anders in Deutschland ist die Zahl so hoch. Ist das Zufall oder liegen andere Gründe vor?Genau hier kommen die Jäger ins Spiel.
Ziel der sogenannten „Leutkirch-Echinococcus-multilocularis-Isny-Studie 2018“ ist es, innerhalb der nächsten Monate in beiden Bereichen möglichst viele Füchse zu erlegen und diese einer Untersuchung zuzuführen. Die Universität Hohenheim (Dr. Thomas Romig) wird die Tiere sezieren und den Darmtrakt auf Bandwurmbefall untersuchen. So soll festgestellt werden, ob es eventuell Unterschiede innerhalb der Fuchspopulationen in Leutkirch oder Isny gibt. Der genaue Erlegeort wird dabei dokumentiert. Zusätzliche werden Biologen verschiedene Mäusearten (Bergschermaus, Feldmaus und Rötelmaus) im gesamten Untersuchungsgebiet fangen. Diese Arten gelten als besonders relevant und werden ebenfalls untersucht.
Es wird zwar schon seit 25 Jahren Forschungs- und Untersuchungsarbeit zum Fuchsbandwurm am Universitätsklinikum Ulm betrieben, aber es sind auch heute noch viele Fragen offen. In umfangreichen Informationsveranstaltungen hat das Uniklinikum die betroffenen Jäger über die geplante Studie unterrichtet. Seit Kurzem stehen nun vom Uniklinikum finanzierte Gefriertruhen für die Lagerung der Füchse parat. Die beiden Hegeringe in Leutkirch und Isny helfen bei der Erlegung, Sammlung und Dokumentation mit. Sobald eine entsprechende Anzahl Füchse vorliegt werden diese nach Hohenheim zur Untersuchung gebracht. Die Studie läuft voraussichtlich von August 2018 bis ins zeitige Frühjahr 2019. Bedauerlicherweise können diese Füchse daher im kommenden Winter nicht für Fellwechsel genutzt werden.
Es wird seit Langem über Risikofaktoren im Zusammenhang mit dem Fuchsbandwurm spekuliert. Nach Informationen laut einer Studie aus Deutschland ist das Sammeln von Beeren oder Pilzen im Wald nur als ein untergeordnetes Risiko einzustufen. Das höchste Risiko geht von jagenden/wildernden Hunden aus. „Hier ist natürlich auch der Jäger und Hundeführer wieder besonders betroffen und genau aus diesem Grund beteiligen wir uns auch an dieser Studie“, so Kreisjägermeister Peter Lutz. Von den neun erkrankten Personen in Leutkirch sind sechs Hundehalter und im Gegensatz dazu nur zwei Landwirte. Ziel der wissenschaftlichen Fragestellung ist es, einen kausalen Zusammenhang zwischen End-, Zwischen- und Fehlwirten sowie den Umweltvariablen für den Fuchsbandwurm im Menschen zu etablieren.
Untersuchungen aus Graubünden (Schweiz) zeigen, dass der parasitäre Echinococcus multilocularis sehr klein räumig auftreten kann. Lokale Infektionsherde können über Jahrzehnte stabil bleiben. Aber auch bevölkerungsspezifische Parameter, Umwelt, Klimafaktoren und geographische Faktoren werden zunehmend wichtiger und untersucht. Als Nebeneffekt wird bei den zu untersuchenden Mäusen auch noch die Prävalenz mit Hantaviren untersucht. Sobald Ergebnisse dieser Studie vor liegen werden wir wieder berichten.