Gedanken zum neuen Jagdjahr 2025/2026

Gedanken des Landesjägermeisters Dr. Jörg Friedmann:

Jagd erhalten und gestalten – das ist unser Auftrag, unsere Leidenschaft, unser Antrieb beim LJV, in den Jägervereinigungen und in jedem einzelnen Revier. Mit Leidenschaft. Wichtige Instrumente hierfür haben wir in unserer 2024 gestarteten Kampagne Wanderhirsch formuliert: 

Vernetzung – Austausch – Zukunft! 

Wo werden wir uns im neuen Jagdjahr absehbar besonders einsetzen, vernetzen, austauschen und Zukunft gestalten?

 

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Dem Erbe der Jagd verbunden, ihrem Wandel verpflichtet und der Zukunft entgegen.

 

Wild-Wald-Bewusstsein
Mit diesem Projekt bringen wir unsere Expertise und Unterstützung zum Entstehen von klimastabilen Wäldern ein. Mit Revierhandbuch, Beratung sowie mit Seminaren und Exkursionen werden wir Vernetzung und Austausch in unseren Revieren, mit Grundbesitz, Forst und Politik suchen und fördern.

Die Notwendigkeit hierfür zeigte sich in den vergangenen Monaten mit zunehmender Tendenz: Einseitige, undifferenzierte Beiträge zur Rechtfertigung längst überwunden geglaubter und überholter Rezepte bei der Schalenwildbejagung fanden Eingang in die Berichterstattungen. Aussagen wie „Ja, es ist ein Problem, wir haben zu viele Wildtiere“, „Wir haben noch keine Wildart ausgerottet“ oder „Die, die den Jagdschein haben, müssen sich fortbilden“ zeigen, wie interessengeleitet und eindimensional die Diskussionen mitunter geführt werden. Die Gleichung „Verbiss = zu viele Wildtiere“ wird den komplexen verbissrelevanten Faktoren nicht gerecht. Diese bedürfen vielmehr einer ganzheitlichen Betrachtung. Wenn bedingungsloses Totschießen eines jeglichen Stück Schalenwildes eine Lösung wäre, gäbe es in Revieren mancher Ökojäger keinerlei Verbissthematiken mehr. Dies entspricht aber nicht der Realität. Es geht nicht um das Ausrotten von Wildarten, sondern um einen art- und tierschutzgerechten, jagdethisch angemessenen Umgang mit ihnen, um die Berücksichtigung ihrer Wildbiologie, insbesondere Ruhebedürfnis, Geschlechterverhältnis und Altersstruktur. Die Ziele des Gesetzes in § 2 JWMG geben hierfür ausgewogene Vorgaben, die von Gesetzes wegen in die Abschussziele und Abschusspläne einfließen. Und Fortbildung ist für uns Jägerinnen und Jäger ohnehin selbstverständlich, wie allein das gemeinsam mit dem MLR aufgelegte Projekt INFOJagd belegt. Wir, unser LJV, bieten unsere Expertise zur Vernetzung und Austausch an. Auf Augenhöhe. Mit unserer Forderung nach einer wildökologischen Raumplanung. Unsere Stimme werden wir auch weiterhin als Anwalt des Wildes deutlich erheben.

In diesem Zusammenhang sind insbesondere Tierschutzfragen bei der Schalenwildjagd zu berücksichtigen. Eine Rehwildbejagung im Januar, insbesondere in der zweiten Januarhälfte, widerspricht wildbiologischen Erkenntnissen und erhöht die Verbissgefahr. Wenn wir den Bedürfnissen unseres Schalenwildes gerecht werden wollen, bedarf es einer Jagdruhe auf das wiederkäuende Schalenwild spätestens ab Mitte Januar.

Befremdend finde ich Argumentationen, die das Engagement der Jägerinnen und Jäger, aber auch vieler Tierschützenden bei der Rehkitzrettung in Frage stellen, da durch diese die Anzahl der Rehe steigen würde. Unser jagdethischer Anspruch und unser Tierschutzauftrag führen dazu, die Kitzrettung mittels Drohnen selbstverständlich in den Revieren umzusetzen, selbst wenn sie Aufgabe der Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter ist.

Unsere Wanderhirsch-Kampagne werden wir auch im neuen Jagdjahr fortsetzen: Es ist unbegreiflich, weshalb sechsstellige Fördermittel in Forschungsvorhaben zur Genetik beim Rotwild investiert werden und gleichzeitig Wanderungen junger Hirsche zwischen den Rotwildgebieten durch ein 67 Jahre altes Abschussgebot unterbunden werden. Ohne jeglichen waldbaulichen Grund. Wenige wandernde Junghirsche richten keine nennenswerten Schäden in den Forsten an. Wir werden in unseren Appellen an Minister Hauk, diesen realen Irrsinn endlich zu stoppen, nicht nachlassen. Er hat die Kompetenz, mit einem Federstrich das Abschussgebot aufzuheben. Wir hoffen doch sehr darauf, dass Peter Hauk seiner jüngsten Ankündigung auf der Landespressekonferenz, das Abschussgebot aufheben zu wollen, nun endlich Taten folgen lässt. Tierschutz und Wildbiologie sollten im Jahr 2025 beim Rotwild schnellstens zusammenfinden.

Afrikanische Schweinepest
Mit großer Sorge beobachten wir das dynamische Seuchengeschehen der ASP in Südhessen unmittelbar an der Landesgrenze und die Funde von zwei weiteren ASP-infizierten Wildschweinen bei Mannheim (nördlich der A6). Dieses lässt Schlimmes befürchten. Die Jägerinnen und Jäger im Rhein-Neckar-Kreis und Mannheim mussten wegen eines einzigen positiven ASP-Falls vielfältige schwere Belastungen hinnehmen: Jagdverbote zeigen schmerzhaft, wie von heute auf morgen in unseren Revieren alles anders werden kann. Beschränkungen bei der Jagdausübung und der Vermarktung von Wildbret, dazu infolge sich ausweitender Schwarzwildbestände ausufernde Wildschäden sind nur einige Stichworte. Und die SVLFG will trotzdem ihren Beitrag. Die ganze Materie wird dazu noch vom EU-Tiergesundheitsrecht überlagert und bindet das Land, den LJV und die Jägerinnen und Jäger in ihren Möglichkeiten. Dennoch gestalten wir auch diese Situation, so gut es eben geht. Mit dem Land.

Politik und Recht
Der Bundestagswahl wird eine neue Regierung folgen. Diese steht vor großen Herausforderungen. Sie darf allerdings die Interessen unserer Wildtiere, der Jägerinnen und Jäger und der Bewirtschaftenden nicht ignorieren. Es muss endlich Schluss sein mit blödsinnigen Überregulierungen ohne jeglichen Nutzen. Diese führen schließlich zur Frustration der Wählerinnen und Wähler. So glaubt z. B. niemand ernstlich daran, dass die in Nancy Faesers Sicherheitspaket enthaltenen Gängelungen legaler Waffenbesitzer einen Sicherheitsgewinn gegen islamistisch motivierte Anschläge bringen. Die Auswirkungen aber sind bürokratische Erschwernisse bei der Jagdscheinverlängerung, die uns Jägerinnen und Jäger, aber auch die Jagdverwaltung unnötig belasten. Und darüber hinaus finden Waffenbehörden immer wieder Anlass für eigenmächtige weitere Regulierungen. So werden ohne gesetzliche Grundlage Nachweise von Bedürfnissen für Jagdwaffen ab einer gewissen Anzahl von Waffen nachgefragt. Oder es soll nach den Vorgaben des Innenministeriums auch die Aufbewahrung des Schlüssels zum Waffenschrank kontrolliert werden, ohne allerdings zu fragen, wo der Schlüssel aufbewahrt wird. Wer soll das noch verstehen und darin einen Sicherheitsgewinn entdecken?

Vor große Herausforderungen wird uns auch der Regulierungsvorschlag der EU-Kommission für ein vollständiges Verbot von Blei als Munitionsbestandteil stellen. Bei derartigen Gesetzgebungsvorhaben drängt sich die Frage auf, ob bei aller Legitimität der Schutzzwecke die praktischen Auswirkungen der Regulierung und der mit ihr verbundenen Bürokratie überhaupt ernsthaft geprüft werden. Wir müssen versuchen zu erreichen, dass solche Vorhaben nicht auf dem Rücken unseres Wildes, der Jägerinnen und Jäger und der Schießstandbetreiber umgesetzt werden.

Aber auch bei uns im Lande sind manche politischen Vorgänge nur mit Kopfschütteln zu quittieren: Der Wildtierbericht 2024 wird erneut erst im Folgejahr, also im Laufe des Jahres 2025, erscheinen. Das Umweltministerium verkämpft sich unverändert im naturschutzrechtlichen Biotop aus Zeiten vor Inkrafttreten des JWMG. Besitzstandswahrung statt Bereitschaft, vernünftige, zukunftsgerichtete Regelungen mitzugestalten. Erneut werden wir vom Umweltministerium keine Empfehlung erhalten, Biber, Kolkrabe, Saatkrähe, Goldschakal und Wolf in das Jagdrecht aufzunehmen. Die Rückständigkeit des Handelns offenbart sich allein schon in dem Umstand, dass der grüne rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister den Wolf in das Jagdrecht aufnehmen möchte, wogegen sich Umweltministerin Walker in Baden-Württemberg mit Händen und Füßen wehrt. Obwohl der Wolf alle Kriterien für eine Aufnahme in das JWMG erfüllt. Es ist offensichtlich, wer hier zu spät kommt.

Die Jagdgesetzvorhaben in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz zeigen, welchen Gefahren unsere Jagd durch Angriffe interessierter Personen ausgesetzt sind. Die Hundeausbildung am lebenden Wild, zum Beispiel in Schwarzwildgewöhnungsgattern oder in Schliefenanlagen, ist und bleibt unverzichtbar für eine tierschutzgerechte Jagd und für die Erfüllung unserer Aufgaben zur Prävention vor der ASP und für den Schutz unseres Niederwildes und der Bodenbrüter.

Unser LJV
Am 12. Juli steht ein wegweisender Landesjägertag an: Mit Neuwahlen des LJV-Präsidiums und einer Beschlussfassung über eine mögliche Beitragserhöhung. Ihr Präsidium will mit großer personeller Kontinuität die Geschicke des LJV auch in den kommenden vier Jahren durchaus diskursfreudig gestalten.

Debatten über Beitragserhöhungen sind für alle Beteiligten anstrengend und fordernd. Mit ihnen zeichnen sich aber immer auch die Zukunftsthemen eines Verbandes ab, wie zum Beispiel das Erfordernis eines umfassenden Leistungsangebots, einer Unterstützung aller Mitglieder, der Digitalisierung oder einer Steigerung der Kampagnenfähigkeit. Eine Fortführung der „Jagd in BW“ als Printausgabe, die Schaffung einer Verbands-App oder die zeitgemäße Datenverwaltung sind Fragen, die mit der Jagd in den Revieren scheinbar zunächst wenig zu tun haben. Die Schaffung und Unterhaltung gewinnbringender Fortbildungsangebote online und auf dem Dornsberg, die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung, Fachprojekte wie „Wild-Wald-Bewusstsein“, unsere „Allianz für Niederwild“ oder das Projekt „Rebhuhn retten – Vielfalt fördern“ haben da schon unmittelbarere Auswirkungen. Diese Beispiele haben aber alle eines gemeinsam: Sie sind personal- und kostenintensiv. Und für Wild, Jagd und Natur können wir nur dann erfolgreich streiten, wenn wir auch finanziell solide aufgestellt sind. Mit einer Mannschaft in Degerloch und am Dornsberg, die sich voll motiviert bis in die Haarspitzen für unsere Jagd, wie wir sie lieben, einsetzt.
Lassen Sie uns das neue Jagdjahr, in dem wir auch 150 Jahre jagdliche Organisation in Baden-Württemberg feiern, nach dem Motto angehen: Dem Erbe der Jagd verbunden, ihrem Wandel verpflichtet und der Zukunft entgegen.


Mit Weidmannsheil
Ihr

Dr. Jörg Friedmann
Landesjägermeister