Das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR), hat ein europaweit einmaliges Ausbildungsprojekt im Training Center Retten und Helfen (TCRH) Mosbach zur Bekämpfung der ASP gestartet.
Das auf mehrere Jahre angelegte Projekt basiert auf dem gemeinsamen Ausbildungs- und Einsatzkonzept des BRH Bundesverbandes Rettungshunde e.V. (BRH), des Jagdgebrauchshundverbandes (JGHV) und der Bundespolizei.
Essenziell ist dabei die Zusammenarbeit mit dem ASP-Kompetenzteam der Wildforschungsstelle, den Veterinärbehörden in den Landratsämtern sowie den Beteiligten von Jäger-, Land- und Forstwirtschaft.
Die gewonnenen Erkenntnisse bei der Ausbildung und bei den Einsätzen werden wissenschaftlich ausgewertet und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.
Projektkoordination
Die Zusammenarbeit und Information aller Beteiligten aus den verschiedenen Fachrichtungen (Veterinärbehörden, Jagd, Forst, Landwirtschaft und Forschung etc.) wird im TCRH von Frau Dr. med. vet. Christina Jehle koordiniert. Neben der Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt organisiert sie landesweit Schulungen und Informationsveranstaltungen für alle Beteiligten.
Telefon: +49.(0)6261.3700707, Email: c.jehle(at)tcrh.de .
Wir haben Peter Hauk MdL, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu demvon seinem Ministerium geförderten Projekt befragt.
Redaktion: Herr Minister, was versprechen Sie sich von dem Projekt?
Antwort Peter Hauk MdL: "Primäres Ziel ist es, leistungsfähige Suchteams und Einsatzstrukturen für ad-hoc-Einsätze im Auftrag der Behörden bereitzustellen und dadurch die rasche Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) sicherstellen zu können. Die Suchteams werden in der biologischen und technischen Ortung von Wildschweinkadavern ausgebildet und der praktische Einsatz kann dadurch im Seuchenfall professionell koordiniert werden. Durch das Training wird damit eine wichtige Voraussetzung für eine effiziente ASP-Bekämpfung im Seuchenfall erfüllt."
Red.: Weswegen ist die Kadaversuche für eine effiziente Bekämpfung der ASP so wichtig?
Peter Hauk MdL: „Das ASP-Virus ist in der Umwelt monatelang infektiös. Wenn an ASP verendete Wildschweine im Wald verwesen, können sich andere Wildschweine durch die Aufnahme von Maden und kontaminiertem Erdreich wieder mit der Seuche anstecken. Daher ist die Suche und Entfernung der Kadaver essentieller Bestandteil für die Tilgung der ASP. Durch ihre hervorragende Nase sind Hunde dabei den Menschen weit voraus und unerlässliche Helfer bei der Suche.“
Red.: „Warum hat das Ministerium für Ländlichen Raum das TCRH als Trainings- und Koordinations-Dienstleister ausgesucht?“
Peter Hauk MdL: „Das TCRH gehört zum BRH Bundesverband Rettungshunde e.V. (BRH) und bietet Aus- und Fortbildung, Training und Entwicklung in den Bereichen Bevölkerungsschutz, Katastrophenvorsorge, innere und äußere Sicherheit.
Der BRH ist die weltweit größte rettungshundeführende Organisation mit Schwerpunkten in der biologischen und technischen Ortung. Seit 1976 widmet sich dieser der Aufgabe, in seinen für die Ausbildung von Mensch und Hund verantwortlichen Fachreferaten mit rund 100 ehrenamtlichen Lehrtrainern, Suchhunde-Teams für behördliche Anforderer vorzuhalten.
Zusammen mit dem jagdkynologischen Knowhow des Jagdgebrauchshundverbandes (JGHV) ist es uns gelungen, Fachleute aus den relevanten kynologischen Bereichen für das Projekt zusammenzubringen.“
Red.: Wer kann sich für die Teilnahme an einem Ausbildungskurs bewerben?
Peter Hauk MdL: „Die Hundeführer sollten zeitlich flexibel und bereit sein, auch für mehrtägige Sucheneinsätze in ganz B.-W. zur Verfügung zu stehen. Je nach Arbeitgeber ist eine Freistellung vom Dienst möglich, da es sich bei der Kadaversuche um eine Aufgabe im Behördenauftrag handelt.
Die bei der Ausbildung anfallenden Kosten (Fahrtkosten, Unterkunft, Verpflegung und Ausbildungsmittel) werden vom TCRH durch die Beauftragung vom MLR übernommen.
Es gibt keine Vorgaben zu Rasse oder Papieren der zur Kadaversuche ausgebildeten Hunde. Die Hunde sollten neben einer ausgeprägten Nasenleistung in sehr guter körperlicher Verfassung und nicht zu alt sein. Da man bei einem ASP-Ausbruch davon ausgehen muss, dass die Seuche über mehrere Jahre präsent ist, ist natürlich auch ein Einsatz der Suchhunde über einen längeren Zeitraum hinweg dringend notwendig.
Bei der Kadaversuche ist es wichtig, dass der Hund abrufbar ist und sich nicht durch lebendes Wild ablenken lässt. Um eine weitere Verbreitung der Seuche durch von Hunden gejagte, ASP-infizierte Wildschweine zu verhindern, sollten sich die Hunde daher nur auf die Kadaver konzentrieren.“
Interessierte Hundeführer und Hundeführerinnen können sich auf der Internetseite www.asp.tcrh.de informieren und für die Ausbildung als Kadaversuchteam bewerben.
Ablauf der Ausbildung
Vor Ausbildungsbeginn werden die interessierten Hundeführer und Hundeführerinnen mit ihren Hunden im Rahmen einer Sichtung von dem erfahrenen BRH-Fachbereichsleiter Kai Uwe Gries und seinen Co-Ausbildern auf ihre Eignung als „Kadaversuchteam“ getestet.
In verschiedenen Stationen werden neben der körperlichen Verfassung und Motivation des Hundes auch die Geländegängigkeit des Hundeführers, sowie die Bindung zwischen Mensch und Hund begutachtet. In einem abschließenden Gespräch mit den Ausbildungsverantwortlichen und den Fachbereichsleitern „Einsatz“ werden die Anforderungen und Motivation der Hundeführer besprochen.
Die erste Sichtung von 30 potentiellen Teams ist bereits im Februar in Mosbach erfolgt. Die Teilnehmer kamen sowohl aus den Reihen der Rettungshundeführer als auch aus der Jägerschaft, wodurch ein intensiver Austausch von Fachinformationen und persönlichen Erfahrungen ermöglicht wurde. Interessant waren auch der Vergleich der unterschiedlichen Ausbildungs- und Führungsmethoden der Hunde und das Temperament und die Passion der verschiedenen Hunderassen.
Die eigentliche Ausbildung erfolgt an mindestens drei Wochenenden bzw. in einem Wochenblock und endet mit einer entsprechenden Leistungsüberprüfung.
Je nach Vorkenntnissen der Hundeführer kommen noch weitere Schulungen (online oder in Präsenz) hinzu. Inhalte sind z.B. Erste Hilfe für Mensch und Hund, Einweisung in Ortungs- und Funktechnik und Einsatzabläufe, sowie Grundlagen von ASP und Schwarzwildverhalten.
Bei der Ausbildung werden die Hunde mittels Geruchsdifferenzierung auf den Geruch von Wildschweinkadavern „programmiert“. Nach Übungen im Raum mit kleinen Geruchsproben wird die Suche auf die Fläche verlagert und die Hunde dabei nach und nach auch mit ganzen toten Wildschweinen konfrontiert. Die dabei genutzten, ASP-negativ getesteten Wildschwein-Kadaver werden zusätzlich auf das Aujeszky-Virus untersucht, so dass keine Ansteckungsgefahr für die Hunde im Rahmen der Ausbildung besteht.
Sofern möglich, wird die Kadaversuche auch im Schwarzwildgewöhnungsgatter geübt, um möglichst reale Suchbedingungen für die Teams zu simulieren.
Ergebnisse des ersten Ausbildungskurses
Im ersten Schulungsdurchgang im März/April 2022 haben 20 Teams an drei Wochenenden die Basisausbildung als Kadaversuchteams absolviert und wurden erfolgreich in verschiedenen Leistungsstufen geprüft.
Dank der kompetenten und einfühlsamen Anleitung durch die hoch engagierten Ausbilder gelang es allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern ihre Hunde dazu zu bringen, dass sie Wildschweinkadaver in der freien Suche auf der Fläche anzeigen. Je nach Vorkenntnissen und Ausbildungsstand der Teams war auch bereits eine zuverlässige Anzeige im Wald möglich.
Am letzten Kurstag nahmen die Leistungsrichter Michael Seifert (JGHV-Richter) und Judith Preuss (BRH-Richterin) die Musterprüfung für ASP-Kadaversuchhunde in den Wäldern um Mosbach ab.
Vier Teams stellten sich der anspruchsvollen Aufgabe, in max. 30 Minuten mind. zwei von drei ausgelegten Kadaverteilen auf einer Waldfläche von ca. 3 ha aufzuspüren und zuverlässig anzuzeigen. Dabei wurden neben der Leistung der Hunde auch die Orientierung und die flächendeckende Einteilung des Suchgebietes durch die Hundeführerinnen bewertet.
Am Ende des Prüfungstages haben alle vier Teams die Herausforderung gemeistert und ihre Einsatzqualität bei der Kadaversuche unter Beweis gestellt. Ein herzliches Dankeschön an die beiden Richter und den Prüfungsleiter Peter Schumann, die an diesem Tag fast 15 km Laufleistung bei der Begehung und Vorbereitung der Prüfungsflächen absolviert haben.
Das TCRH dankt außerdem ForstBW für die Bereitstellung der Waldflächen.
Die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus der Jägerschaft und den Rettungshundeführern kamen, waren sehr positiv. Besonders gelobt wurden das Engagement und der Hundeverstand von Ausbildungsleiter Kai Uwe Gries und seinen Co-Ausbildern, die individuell auf jeden Teilnehmer eingegangen sind.
Auch das gegenseitige Kennenlernen und die Zusammenarbeit von Jägern und Rettungshundeführern wurden sehr positiv gesehen.
In den nächsten Wochen folgt die Sichtung und Ausbildung weiterer Teams.