Der Klimawandel hinterlässt deutliche Spuren in unseren Wäldern. Steigende Temperaturen und anhaltende Dürreperioden führen zu Wassermangel im Boden und verringerter Luftfeuchtigkeit, was die Wälder erheblich belastet. Trockenschäden und geschwächte Bäume, die anfälliger für Schädlinge sind, können zu großflächigen Waldschäden führen. Ein Waldumbau hin zu zukunftsfähigen Dauermischwäldern ist daher unerlässlich, um sicherzustellen, dass auch kommende Generationen von den vielfältigen Ökosystemleistungen des Waldes profitieren können.
Der Landesjagdverband sieht die Notwendigkeit, nochmals gemeinsam in den „Werkzeugkasten“ zu schauen, der für den Waldumbau zur Verfügung steht.
Eins vorneweg: Mit etlichen Vertreterinnen und Vertretern der Forstwirtschaft im Land besteht ein guter Austausch auf Augenhöhe mit den Jägerinnen und Jägern, es wird miteinander diskutiert, nach Lösungen gesucht und gemeinsam gejagt.
In jüngster Zeit werden allerdings auch Stimmen aus der Forstwirtschaft laut, welche aus Sicht des Landesjagdverbandes einen einseitigen, radikalen und zum Teil tierschutzwidrigen Weg im Waldumbau propagieren. Diesen Weg gehen wir nicht mit! Im großen „Werkzeugkasten“ des Waldumbaus liegt nicht allein das Gewehr.
Für eine konstruktive Diskussion auf Augenhöhe, mit dem Ziel gemeinsamer Lösungsansätze, muss Grundsätzliches festgehalten werden:
- Pauschale Aussagen über DIE Jägerinnen und Jäger lehnen wir ab. Wer einem Großteil der Jagenden unterstellt, sie wolle überhöhte Wildbestände und sei nur auf Trophäen aus, verkennt die Realität verantwortungsbewusster Jagdausübung.
- Radikale Ansichten über die Ausübung der Jagd, wie zum Beispiel das tierschutzwidrige „Hineinschießen“ in Dickungen, mit billigendem Inkaufnehmen verletzter Wildtiere oder die mangelnde Berücksichtigung der korrekten „Ansprache“ von Rehwild (z.B. führende Rehgeißen vor den Kitzen; „Schmalrehe“ im Frühjahr) widersprechen fundamental den Prinzipien einer verantwortungsvollen und tierschutzkonformen Jagd.
- Wer den Jägerinnen und Jägern vorwirft, nicht hinreichend ausgebildet zu sein, um das Problem zu erkennen und darüber auf einer fachlichen Ebene zu diskutieren, hat offensichtlich nicht verstanden, mit welcher Art von Kommunikation eine Konversation auf Augenhöhe startet. Er ignoriert zudem die Tatsache eines wachsenden Aus- und Fortbildungsangebots für die Jagenden Baden-Württembergs.
- Es reicht nicht aus, sich im Umgang mit Wildtieren auf die Nichtausrottung von Arten zu beschränken. Das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz fordert deutlich mehr (vgl. § 2 Ziele des JWMG).
- Zu guter Letzt: Biologische Fakten. Ein Pflanzenfresser frisst Pflanzen. Ein Wiederkäuer braucht Ruhe. Das Geschlechterverhältnis und die Altersstruktur einer Population sind bei der Bewirtschaftung zu berücksichtigen. Menschliches Verhalten (inkl. der Jagd) beeinflusst das Raum-Zeit-Verhalten der Wildtiere. In einem klugen Waldumbau-Konzept müssen diese Aspekte berücksichtigt werden – andernfalls wird es scheitern.
2015 wurde in Baden-Württemberg das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz eingeführt. Wildtiermanagement umfasst dabei alle Tätigkeitsbereiche und Maßnahmen, die das Vorkommen, das Verhalten und die Populationsentwicklung von Wildtieren als auch deren Lebensräume so steuern, dass die verschiedenen Interessen, Ansprüche und Rechte der Menschen erfüllt und die Bedürfnisse der Wildtiere berücksichtigt werden. Das ist herausfordernd. Das ist anstrengend. Aber das ist der baden-württembergische Weg, für den wir stehen. Den wir bereit sind zu gehen – für das Wild und den Wald. Für eine zukunftsfähige Forstwirtschaft und eine zeitgemäße Jagd, die wildbiologische Erkenntnisse und Tierschutz berücksichtigt.
Der Landesjagdverband vertritt im Kontext des klimawandelbedingten Waldumbaus das Prinzip „Wald mit Wild“ und möchte bei allen beteiligten Akteuren aus Jagd, Waldbesitz, Forst und auch der Erholungsnutzung ein Wild-Wald-Bewusstsein schaffen.
Durch praxisnahen Wissenstransfer und zielgruppenspezifische Kommunikation wollen wir die Grundlage für einen konstruktiven Dialog schaffen und die Anerkennung der gemeinsamen Verantwortung fördern. Dies erfordert von allen Beteiligten die Bereitschaft, etabliertes Vorgehen kritisch zu hinterfragen und bei der Anpassung von Strategien und Methoden die ökologischen, ökonomischen und jagdpraktischen Perspektiven gleichermaßen einzubeziehen. Und nicht mit pseudowissenschaftlichen Aussagen „im Gestern“ zu verweilen.
Es geht darum, die forstlichen und jagdlichen Maßnahmen gemeinsam aktiv zu gestalten, gemeinsam Ziele zu definieren und die Umsetzung regelmäßig gemeinsam zu überprüfen.
Nur so kann das übergeordnete Ziel der Entwicklung resilienter, multifunktionaler Wälder als Grundlage nachhaltiger Nutzung UND Lebensraum für Wildtiere erreicht werden.
Wir laden Sie ein, den baden-württembergischen Weg mit uns zu gehen. Im Dialog für zukunftsfähige Wälder mit artgerechter Wildbewirtschaftung. Miteinander und auf Augenhöhe in der Praxis.
Ihr Landesjagdverband Baden-Württemberg e.V.