Landesjägertag 2018

Was denken die im Landtag vertretenen Parteien wirklich über ASP, Wolf und Co.? – Um den Abgeordneten besser auf den Zahn fühlen zu können, gab es beim diesjährigen Landesjägertag keine Grußworte, sondern ein ­Podiumsgespräch.

Erstellt am

Die rund 345 Delegierten der Mitgliedsvereine und zahlreiche Ehrengäste, die zum Landesjägertag in die Stadthalle nach Kirchheim unter Teck gekommen waren, erwartete in diesem Jahr ein abwechslungsreiches und spannendes Programm: Am Vormittag gab es eine lebhafte Podiumsdiskussion und einen Fachvortrag zum Thema Schwarzwildbejagung. Am Nachmittag beleuchtete LJM Dr. Friedmann das umfangreiche Verbandsgeschehen des vergangenen Jahres und positionierte den Verband in jagdpolitischen Fragen. Das Positionspapier „Schwarzwildbejagung und Afrikanische Schweinepest“ wurde abschließend diskutiert und beschlossen.

 

Gastgeber des Landesjägertags war die Kreisjägervereinigung Kirchheim. Sie half nicht nur tatkräftig bei Planung und Aufbau mit, sondern organisierte attraktive Gastgeschenke und sorgte für ein umfangreiches Rahmenprogramm im und vor dem Teck-Center. Dieses richtete sich v.a. an die Bevölkerung von Kirchheim und vermittelte mit „Lernort Natur“, Wildprodukten von Karl Göbel und informativen Ständen ein positives Bild von Wild, Jagd und Jägern. Nach einem Grußwort der Oberbürgermeisterin von Kirchheim, Anneliese Matt-Heidecker, stellten sich Reinhold Pix (Grüne), Manuel Hagel (CDU), Udo Stein (AfD), Reinhold Gall (SPD) und Hans-Ulrich Rülke (FDP) sowie der stv. LJM Christian Kunz den Fragen des Moderators. Schraml leitete das Gespräch mit gewohnter Souveränität und Lockerheit, forderte aber von den Politikern deutliche Statements zu den Themen ASP und Schwarzwildbejagung, JWMG und Aufnahme neuer Wildarten sowie Umgang mit dem Wolf.

 

Während Reinhold Gall von der SPD-Fraktion den 12-Maßnahmen-Plan des MLR als „angemessene Reaktion“ bezeichnete, geht für Dr. Hans-Ulrich Rülke von der FDP das JWMG in die falsche Richtung: „Mit dem JWMG wird man der ASP nicht Herr. Glaubt jemand ernsthaft, die Gefahr sei gebannt, wenn man die Wildruhe für ein Jahr aussetzt?“ Die Vertreter der Regierungsfraktionen halten das Maßnahmenpaket für wichtig und richtig, aber es wurden doch Unterschiede deutlich: Die CDU könnte sich bei der Aufhebung der Schonzeit eine längerfristige Lösung vorstellen, auch die zeitlich befristete Freigabe von Nachtzieltechnik wird als nicht unbedingt zielführend eingeschätzt. Für Reinhold Pix ist die Aufklärung von Saisonarbeitskräften aus „Befallsländern“ ein wesentlicher Bestandteil der Prävention. Udo Stein plädierte für eine Förderung der Bejagung z.B. durch Abschussprämien oder Sonderurlaub für Jäger zur Schwarzwildbejagung wie in Polen. Christian Kunz stellte klar, dass für die Jäger der Elterntierschutz nicht verhandelbar ist: „Wir schießen keine Bachen, die abhängige Frischlinge führen.“

 

SPD: „Wir müssen oft mehr Angst vor freilaufenden Hunden als vor Wölfen haben“

 

Das JWMG ist so gestaltet, dass die Aufnahme neuer Wildtierarten möglich ist. Doch insbesondere die Aufnahme des Wolfes in das Schutzmanagement wird derzeit kontrovers diskutiert. Für Christian Kunz vom LJV ist die Behandlung des Wolfes im Wildtierbericht und seine Aufnahme ins JWMG ein Lackmustest dafür, ob das Gesetz tatsächlich so umgesetzt wird, wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat.

 

Manuel Hagel hieb in die gleiche Kerbe und appellierte an die Grünen als „Geburtshelfer“ des Gesetzes, dies genauso umzusetzen. Außerdem machte er sich für die Aufnahme des Bibers ins JWMG stark. Udo Stein hält die Aufnahme beider Arten ins JWMG ebenfalls für wichtig und richtig. Reinhold Gall rief in Sachen Wolf zu sachlichen Diskussionen und einer gewissen Gelassenheit auf. „Wir müssen oft mehr Angst vor freilaufenden Hunden als vor Wölfen haben“. Beim Biber sieht er die Gefahr, dass Jäger in eine Verantwortung gedrängt werden, die sie nur schwer erfüllen können.

 

Grüne: Wolf wird auf lange Sicht wohl ins JWMG kommen

 

Für Hans-Ulrich Rülke ist der Vorstoß des Umweltministeriums für ein länder übergreifendes Wolfsmanagement mit Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland ohne Beteiligung des MLR und der Betroffenen der falsche Weg. Er plädierte für die Aufnahme des Wolfes ins JWMG – „da sind doch auch die geschützten Arten Luchs und Auerwild mit drin“.

 

Reinhold Pix kritisierte die „Pulver-und Bleirhetorik“ von Agrarminister Hauk: Es gehe nicht um die Bejagung des Wolfes, sondern ums Wolfsmanagement und die Beteiligung der Jäger am Monitoring. Gleichwohl überraschte er mit der abschließenden Aussage: „Wir kommen wohl auf lange Sicht nicht drum herum den Wolf ins JWMG zu überführen.“

 

Am Ende des Podiumsgesprächs hatten die Delegierten die Möglichkeit, Fragen an die Politiker zu stellen. Kritisiert wurde die kostenlose Abgabe von Schwarzwild bis 25 kg an Erleger bei Verwaltungsjagden, ebenso wie unbefriedigende Antworten auf Schreiben an den Ministerpräsidenten wegen der Jagdruhezeit und Kirrung. Pix konterte launisch „Es geht das Gerücht, dass in der Amtszeit des Ministerpräsidenten die Schwarzwildbestände zugenommen haben“. Jäger könnten nach wie vor kirren, aber da übertreiben sie – im Schwarzwald mutierten Kirrungen zu Fütterungen. Wenn es um die Zunahme des Schwarzwildes geht, sehen Jäger die Verantwortlichkeit auch bei einer veränderten Landbewirtschaftung.

 

Beim Wolf wurde nach einer möglichen Haftung von Jagdpächtern gefragt, wenn die Art ins JWMG übernommen wird (Jäger haften nicht, das Land ist in der Verantwortung). Kritisch hinterfragt wurde, dass der Wolf in anderen europäischen Ländern mit geringeren Wolfsdichten reguliert wird. Bei uns soll das angeblich nicht möglich sein, obwohl die Rechtsgrundlage europaweit dieselbe ist.

 

Schwarzwildbejagung: Berufsjäger rät zu gut organisierten Erntejagden

 

Matthias Meyer, seit vielen Jahren Berufsjäger bei der Oettingen-Spiel­berg’­schen Verwaltung, sorgte nochmal für erhöhte Aufmerksamkeit mit seinem Vortrag über effektive Schwarzwildbejagung. Er beleuchtete die Bestandsentwicklung in den letzten Jahren und ging auf regulierende Einflüsse ein. Dabei identifizierte er auch eine z.T. falsche Bejagung und eine insgesamt zu geringe Bejagungsintensität als Ursachen für Bestandszunahmen. Technische Hilfen tragen seiner Erfahrung nach nicht zur Steigerung der Strecken bei, Saufänge lehnt er aus Tierschutzgründen ab. Die Jagd an der Kirrung sei nur sinnvoll und effektiv, wenn:

  •  revierüber­greifende Absprachen erfolgen
  • wenn Schwarzwild Hunger hat und
  • das Nahrungsangebot gering ist.

Effektiv sind seiner Erfahrung nach gut geplante Erntejagden und revierüber­greifende Bewegungsjagden mit guten Hunden. Zur Erleichterung der Bejagung empfahl er u.a. die (für Jäger) kostenlose Anlage von Jagdschneisen, die Anpassung der Pacht in schwarzwildreichen Revieren, die Unterstützung durch Behörden und eine finanzielle Unterstützung von spezialisierten Hunde­führern. Der Luchs darf kommen – aber auf natürlichem Weg!

 

Dr. Friedmann nutzte die Delegiertenversammlung am Nachmittag, um noch­mal auf jagdpolitische Themen einzugehen. Es sprach sich deutlich dafür aus, bei der Schwarzwildbejagung zur ASP-Prävention tierschutzgerecht zu jagen, „groß vor klein“ sei keine Option. Das LJV-Präsidium ist zwar von seiner Ablehnung der Nachtzieltechnik abgerückt, hat aber klargestellt, dass sie nur ein Baustein bei den Präventionsmaßnahmen sein kann. An das Land appellierte er, die Schonzeit und das Kirrverbot im März und April dauerhaft aufzuheben. Nachdem sich im Land nach wie vor einige Luchse aufhalten, wird der Ruf nach einer Wiederansiedlung insbesondere von weiblichen Tieren lauter. Im MLR wird über ein Wiederansiedlungsprojekt nach dem Vorbild im Pfälzer Wald nachgedacht. Friedmann wies darauf hin, dass die Voraussetzungen und Gegebenheiten dort vollkommen anders sind als bei uns. Für den LJV gilt nach wie vor, dass einwandernde Luchse akzeptiert werden.

 

Von großer Bedeutung sind die EU-Regelungen zu invasiven Arten, die auch im deutschen Naturschutz- und Jagdrecht Niederschlag gefunden haben. Es wird anerkannt, dass für die Regulation von Waschbär und Co. die Jäger wichtig sind und sie deshalb dabei einbezogen werden müssen.

 

In einer umfangreichen Präsentation ließ der Landesjägermeister die Verbandsarbeit des Jahres 2017 Revue passieren. Die Präsentation kann im Mitgliederbereich der LJV-Homepage unter „Geschäftsberichte“ abgerufen werden.

 

Die Vorstellung des Jahresabschlusses und die Vorschau auf den Haushalt durch Schatzmeister Alfred Goedicke erfolgten wie immer kurz und knackig. Der Schatzmeister wurde einstimmig entlastet, bei der Entlastung des Präsidiums gab es einige Gegenstimmen. Nachdem zwei langjährige Rechnungsprüfer – Dr. Kohlhaas und Harald Freundenfeld – nicht mehr zur Verfügung standen, musste neu gewählt werden. Dem Rechnungsprüfer Gerhard Kull (JV Bruchsal) stehen künftig David Pätzold (KJV Leonberg) und Tobias Göpferich (JV Bruchsal) zur Seite.

 

Ehrungen

 

Stellvertretend für alle 2017 Verstorbenen erinnerte Dr. Friedmann an KJM Jürgen Reusch (JV Backnang), Frank Eisenlohr, (JV OG) und Lothar Barth (JV Nürtingen), an Jürgen Keppler (Jagdschütze, Bezirksschießobmann) und Dr. Gert Beisel (stv. KJM und stv. Leiter der FD Tübingen), beide KJV Stuttgart. Außerdem wurden mehrere Mitglieder für ihre Verdienste geehrt:

  • Armin Hafner (links, KJV Sigmarignen): LJV-Gold
  • Rolf Ziegler (Zweiter von links, KJV Backnang): LJV-Gold
  • Bernd Budde (Dritter von links, KJV Kirchheim): LJV-Sonderstufe
  • Michael Lindner (Zweiter von links, KJV Calw): LJV-Sonderstufe
  • Ralf Lesser (Zweiter von rechts, KJV Freudenstadt, Landesobmann Schießen): LJV-Gold
  • Dieter Tröller (Zweiter von links, KJV Freiburg): LJV-Gold
  • Horst Wehn (Dritter von links, KJV Tuttlingen): LJV-Sonderstufe
  • Walter Merkert (links, KJV Mergent- heim): DJV-Wildhegeabzeichen

 

 

Für den Landesjägertag 2019 hat die Kreisjägervereinigung Sigmaringen am 6. April eingeladen.