Trittsteine für die Bekassine

 

  • Bekassine (Bild: LJV)

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Als „der Vogel mit dem langen Gesicht“ gilt den Jägern ja die Waldschnepfe. Aber ihrer nahen Verwandten, der Bekassine (Gallinago gallinago) stünde Name der sogar noch besser an. Mit einer Schnabellänge von bis zu 7,5 cm (Waldschnepfe 7 cm) hat sie nicht nur absolut, sondern vor allem in Relation zur Köperlänge (Bekassine 26 cm, Waldschnepfe 38 cm) den längeren Schnabel. Statt breiten Querbändern wie die Waldschnepfe, trägt die kleinere Bekassine schmale Längsstreifen an Kopf und Hals. Ihren langen Schnabel benötigt sie, um an ihre Hauptnahrung, Regenwürmer zu kommen, die den größten Teil ihres Nahrungsspektrums ausmachen. Aber auch Insekten und deren Larven, Mollusken, Krebstiere, Pflanzenteile und Sämereien werden gefressen. Mit ihrem langen Schnabel stochern die Bekassinen tief im Boden wo der Untergrund feucht ist oder wo flachgründiges Wasser vorhanden ist. Eine Besonderheit ist ihre bewegliche Schnabelspitze. Damit vermögen sie kleine Beutetiere noch unter der Erde zu fassen und zu verschlucken, ohne dass sie ihren Schnabel aus der Erde herausziehen müssen.

Nicht nur deshalb ist die Bekassine ein besonderer Vogel. Sie ist auch bekannt als „Himmelsziege“. Das balzende Männchen, seltener auch das Weibchen, lässt sich im Flug aus der Höhe herabfallen, wobei die abgespreizten äußeren Stoßfedern im Luftstrom vibrieren und ein wummerndes oder meckerndes Geräusch von sich geben. Das sehr charakteristische „Meckern“ ist vor allem in der Morgen- oder Abenddämmerung über Feuchtwiesen und Mooren zu hören. Für die Bekassine wichtig ist eine lockere Vegetation, die genügend schlammige Flächen wie Schlenken, Gräben, Flachwasser aufweist. Zur Zugzeit kommt die Bekassine in ähnlichen Lebensräumen vor, im Herbst rastet sie gerne auf Schlickflächen, an flachen Ufern und Gräben

Der NABU hat die Bekassine zum Vogel des Jahres 2013 gekürt. Bis in die 1970er Jahre war die Bekassine vor allem in Oberschwaben sowie am mittleren und nördlichen Oberrhein zu finden. In anderen Landesteilen gab es Kleinvorkommen. Heute brütet die Bekassine nur noch im Alpenvorland sowie am mittleren Oberrhein. Für die letzten Brutvögel sind die noch bestehenden Moore streng zu schützen und zerstörte Moorstandorte wieder zu renaturieren. Zum Schutz der Feuchtwiesen trägt das Grünlandumbruchverbot wesentlich bei und ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Ihr Bestand wird mit 20 bis 30 Brutpaaren angegeben, somit ist sie etwa gleich selten wie der Große Brachvogel, ein verwandter Schnepfenvogel, der ebenfalls in Feuchtwiesen lebt. Noch bis Anfang der 1980er Jahre gingen schätzte man 150 Brutpaare im Land, Mitte der 1990er Jahre zählt man 70-90 Paare und in der letzten Roten Liste für Baden-Württemberg 2004 waren es nur noch 35-50 Brutpaare. Kein Wunder, dass die Bekassine seit langem in die RL Kategorie 1, „vom Aussterben bedroht“ fällt.

Nach wie vor aber hat Baden-Württemberg eine große Bedeutung als Durchzugs- und Überwinterungsgebiet. Die Bekassine ist sowohl Zugvogel, als auch im Westen ihres Brutareals ein Standvogel. Zu den Gebieten, in denen Bekassinen während des Winters ausharren, gehören auch schnee- und frostarme Gebiete in Deutschland. Am Bodensee machen im Winter bis zu 400 Bekassinen Station. Die Überwinterungsquartiere der Bekassine finden sich unter anderem im Mittelmeergebiet, in Vorder- und Südasien, West- und Ostafrika bis zum Äquator. 

Wichtig für Zugvögel wie die Bekassine sind Trittsteine, geeignete Rastflächen die unterwegs zum Ausruhen und Auftanken genutzt werden können. Moorreste finden sich in Baden-Württemberg am Oberrhein, am Bodensee und vor allem im Schwarzwald, auf der Baar und in Oberschwaben, wo der LJV Naturschutzmaßnahmen durch Renaturierung von Feuchtgebieten durch die NATURLAND-Gesellschaft des LJV Baden-Württemberg durchführt.