Bewegungsjagd - effektiv und tierschutzgerecht

Eine Drückjagd dient der koordinierten und effizienten Bejagung der Wildbestände. Werden einige Punkte beachtet, lassen sich Drückjagden so organisieren, dass sie erfolgreich sind – waidgerecht, ­tierschutz­konform und zielgerichtet. Es gibt allerdings kein Rezept, das sich auf jedes Revier anwenden lässt.

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Planung und Organisation
Die Zielwildart gibt das Vorgehen vor. Gilt es hauptsächlich dem Rehwild, kann auf kleiner Fläche alles stattfinden. Sollen andere Schalenwildarten wie Sauen oder Rotwild bejagt werden, muss über die Reviergrenzen hinaus geplant und gejagt werden. Nachfolgend gehen wir von einer durchschnittlichen Bewegungsjagd auf Sau und Reh aus. Grundsätzlich wird jede Fläche nur einmal im Jahr bejagt. Folglich wird im ersten Schritt die zu bejagende Fläche (meist zwischen 500 und 1.000 ha Wald) festgelegt. Die Drückjagdfläche kann sich keinesfalls an Reviergrenzen orientieren. Naturräumliche Besonderheiten werden in die Planung ebenso wie Einstandsbereiche mit einbezogen. Die Zahl der benötigten Schützen richtet sich nach Fläche, Struktur und Topographie des Geländes. Die meisten Jagden finden zwar samstags statt, je nach Besucherdruck im Wald können aber auch Termine unter der Woche Sinn machen.

Standauswahl
Jeder Schütze erhält seinen eigenen Stand, idealerweise in Form eines eigens für die Bewegungsjagd aufgestellten Drückjagdbocks. Bewährt hat sich das Maß 1,2 × 1,2 m, die Höhe variiert je nach der Platzwahl. Das Aussuchen der Plätze und das Aufstellen der Sitze muss bereits im Sommer geschehen. Hierbei hat man die Möglichkeit, störende Vegetation zu beseitigen. Mit dem Klettersitz lassen sich neue Bereiche erschließen, die vom Drückjagdstand aus nicht bejagbar sind. Der „Kletterbaum“ muss ebenfalls rechtzeitig vor der Jagd ausgesucht und vorbereitet werden. Der vom Klettersitz aus jagende Schütze muss sich häufig mit Schüssen aus kurzer und steiler Distanz auseinandersetzen, was ein hohes Maß an seine Schießfertigkeit stellt. Die besten Plätze finden sich in Dunkelbrücken, die dem Wild Deckung bieten. Helle und lichte Flächen werden meist hochflüchtig durchquert. Sobald aber der Waldbestand dichter wird, verlangsamt das Wild sein Tempo, um zu verhoffen und zu sichern. Ebenso gerne gehen solche Fluchtwege entlang von Hangkanten, sodass das Wild nach oben wie nach unten Sicht hat. Befinden sich vergraste Kahl- oder Verjüngungsflächen mit knapp unter mannshoher Verjüngung innerhalb des Treibens, so sind das meist Bereiche, in die sich das getriebene Wild gerne einstellt. Hierbei ist der Wildkörper verdeckt, Träger und Haupt schauen aber noch heraus und das Wild kann sichern. Dort können höhere Drückjagdstände oder geeignete Klettersitzbäume genutzt werden. Der Drückjagdbock oder der Kletterbaum wird in günstiger Schussentfernung – also ca. 30 bis 50 Meter – innerhalb dieses Traufs so platziert, dass das Wild auch breit vor den Schützen kommt. Falls es Sektoren gibt, in die aus Gefährdungsgründen nicht geschossen werden darf, so sind diese auffällig zu markieren. Keinesfalls werden Stände an Wegen aufgestellt.

Hundeeinsatz
Der Einsatz der Hunde richtet sich vor allem nach der Zielwildart und dem Gelände. Unumgänglich ist der ausschließliche Einsatz von fährten-/spurlauten Hunden. Reh- und Rotwild verlassen ihre Einstände meist schon, bevor der suchende Hund direkt an das Wild kommt. Trifft der Hund direkt auf das Wild, wird dieses die ersten paar Hundert Meter in schnellen Fluchten hinter sich bringen, um den Abstand zum anfänglich noch sichtlauten Hund zu vergrößern und drosselt dann das Tempo. Oft verhofft es dann hin und wieder, um die Situation weiter einschätzen zu können. Bei speziell auf Sauen ausgerichteten Jagden müssen die Hunde auch noch eine ordentliche Portion Schneid haben. Sauen kennen mittlerweile den Ablauf und bleiben in ihrer oft dornenbewehrten Festung sitzen – vor allem dann, wenn sie das Anstellen der Schützen mitbekommen haben. Dann reicht meist ein scharfer Hund alleine nicht aus, um die Sauen in Bewegung zu bringen. Über die Anzahl der eingesetzten Hunde entscheidet letztlich die tatsächliche Brauchbarkeit. Je größer und strukturierter die Jagdfläche ist, je mehr und größere Dickungen vorhanden sind, desto mehr gut eingejagte „Stöberhunde“ werden benötigt. Ob „Fernaufklärer“, die optimalerweise eher mittig im Jagdgebiet geschnallt werden oder sehr führerbezogene, kurzjagende Hunde, die mit der Treiberwehr gehen – für den Tierschutz steht immer die Berücksichtigung der individuellen Eignung des jeweiligen Hundes im Vordergrund.

Treiber
Der Einsatz von Treibern ist vor allem dann von Vorteil, wenn sehr große Flächen beunruhigt werden sollen. Allerdings müssen die Treiber sehr ortskundig sein, um nicht planlos durch Nichteinstandsgebiete zu streifen. Die Treiber werden in Kleingruppen von 1 bis 5 Personen aufgeteilt. Jede Gruppe bekommt dabei einen Einstandsbereich, in dem sie über den Zeitraum des Treibens für Unruhe sorgt. Je mehr potentielle Einstandsbereiche vorhanden sind, desto mehr Treibergruppen müssen eingesetzt werden.

Schützen
Der Schuss auf sich bewegendes Reh- und Rotwild ist grundsätzlich zu unterlassen. Die Stände werden entsprechend der Erfahrung und Fertigkeiten der eingeladenen Schützen zugeteilt. Inzwischen gehört es zur guten fachlichen Praxis, dass spätestens nach dem zweiten ungeklärten Schuss (Wild verendet nicht in Sichtweite) für diesen Schützen Hahn in Ruh gilt. Nicht nur aus Tierschutzgründen, auch für die Planung der Nach- oder Kontrollsuchen macht diese Restriktion Sinn. Zu viele Einschränkungen hemmen das Streckenergebnis. Der Grundsatz jung vor alt, klein vor groß hat sich bewährt. Der Muttertierschutz ist IMMER zu beachten! Ob Füchse und anderes Raubwild freigegeben werden, liegt im Ermessen des Jagdleiters. Klar ist: Auch beschossenes Raubwild wird nachgesucht!

Dauer des Treibens
Lange Jagden mit einer Dauer von 2 Stunden sind abzulehnen, schon aus Sicht der Wildbrethygiene. Für eine kurze Jagddauer sprechen viele Argumente wie Tierschutz, Wildbrethygiene, Konzentration der Schützen und mehr Zeit für anstehende Nach- und Kontrollsuchen.

Jagdbüro und Jagdkarte
Die Jagdleitung muss ein „Jagdbüro“ am Sammelplatz einrichten. Dort geben alle Ansteller ihre Protokolle ab und die Jagdkarten der Schützen für eine Auswertung und weitere Planungen. Eventuelle Nachsuchen werden von dort aus entschieden. Auf einer speziell für die Drückjagd vorbereiteten Karte werden alle Stände lagegenau eingezeichnet. Diese Karte ist Grundlage für die gesamte Planung und Organisation vor Ort. Zweckmäßigerweise werden die Drückjagdstände nummeriert.

Ansteller
Der Ansteller muss mit dem Gebiet, in dem er anstellt, vertraut sein und die von ihm anzustellenden Stände sowie deren Besonderheiten kennen. Denn er muss jeden Schützen an dessen Stand bringen, einweisen, auf potenzielle Gefährdungen hinweisen und ihn wieder abholen. Er sollte nicht zu viele Schützen anstellen müssen. Der Ansteller muss Anschüsse oder Anschussbereiche deutlich markieren. Ist an einem Stand Wild zur Strecke gekommen, bergen die Schützen mit dem Ansteller das Wild bis zum nächsten befahrbaren Weg. Er sollte zudem die Standkarten kontrollieren und ggf. vervollständigen.

Wildbrethygiene
Es hat sich bewährt, das Wild zentral durch Profis in der Wildkammer aufzubrechen. Beim Transport dorthin wird Wildbret nicht verschmutzt. Ebenso liegen keine Aufbrüche im Wald, die eventuelle Nachsuchen nur erschweren. Weiterhin steht in der Wildkammer Trinkwasser zur Verfügung. Die Organisation einer großen Drückjagd ist sehr aufwändig. Nur wenn alle Details beachtet werden, wird der Jagdtag erfolgreich sein. Danach kann Jagdruhe für das Wild einkehren.

Hubert Kapp